Jofroi Amaral experimentiert mit den verschiedensten Materialien. Er hinterfragt die Malerei und untersucht menschliche Handlungen. Sein Interesse gilt Ritualen sowie der Entstehung und Struktur von Mythen und heidnischen Philosophien. So malt er zum Beispiel mit Pflanzen, menschlichen Körpern, Steinen und anderen Gegenständen auf Leinwand. Diese tragen die Spuren eines fast rituellen, sehr körperbetonten Prozesses oder einer Initiation. Diese Versuche, mit Gegenständen zu malen, sind aber auch Akte des Scheiterns, da sich die meisten Gegenstände nicht als „Pinsel“ eignen. So tragen die Arbeiten die Spuren einer authentischen Erfahrung des Künstlers in sich. Für Jofroi Amaral ist der Prozess und die menschliche / künstlerische Erfahrung nicht weniger wichtig als das ästhetische Ergebnis.
Wie sieht deine persönliche Beziehung zum Radfahren und dem Fahrrad aus?
Ich habe sehr früh gelernt Fahrräder zu reparieren und aufzubauen. Da ich auf dem Land aufgewachsen bin, war das Fahrrad die einzige Möglichkeit unabhängig von A nach B zu kommen. Später habe ich dann alte Rennräder restauriert, die bekam man damals sehr günstig. Aber man verdiente auch nicht viel damit, weil sie noch nicht wirklich ein Trend wie heute waren. Zusammen mit einem Freund besuchte ich dann die alten Rahmenbauer, die Räder für die berühmten belgischen Rennfahrer gebaut haben. Manche von ihnen waren über 80 Jahre alt, trotzdem zeigten sie uns die kleinen Tricks, die den Unterschied machen. Ich erinnere mich an einen Typen, um die 70 Jahre alt, der mich mit zu sich nach Hause nahm. Dort saß sein 95 Jahre alter Vater vor dem Fernseher und hat ein Laufrad gebaut. Er konnte kaum noch etwas sehen, aber hat die Speichen perfekt gespannt nur durch Fühlen und Hören. Die handwerklichen Fähigkeiten der alten Meister, ihre Geheimnisse und Geschichten haben mich schon immer fasziniert.
Fahrräder finden sich in vielen deiner Kunstwerke wieder. Es scheint so, als würden diese sich vom Rest deiner Kunst unterscheiden. Ist das der Fall? Was motiviert dich in Sachen Fahrrad und Kunst?
Das stimmt, Fahrräder in meiner Kunst sind eine ganz eigene Geschichte. Das fing vor ein paar Jahren an, als ich beschloss von mir restaurierte Räder in einer Galerie in Szene zu setzen. Ich präsentierte zehn wunderschöne Vintage-Bikes, und hängte sie an weiße Wände, als ob es Kunstwerke wären. Das war sehr erfolgreich, so dass mich eine Gallery aus Brüssel (DnA Lab) daraufhin fragte ob ich etwas Ähnliches für sie machen könne. Als ich zusagte, stellte sich relativ schnell heraus, dass sie keine „günstigen“ Vintage-Räder wollten. Sie baten mich Fahrräder als richtige Kunstwerke zu bauen. Mir gefiel diese Herausforderung und ich begann mit der Produktion. Auch das war ein Erfolg und ich baute mehr davon. Viele der Räder wurden auf der ganzen Welt und einigen großen Kunstmessen ausgestellt, manche finden sich nun in großartigen Kunstsammlungen wieder. Aber ich möchte auch sagen, dass meine Räder oftmals in Kooperationen entstehen, zum Beispiel mit Fahrradbauern wie Hojmark Cycles oder Künstlern wie Saâdane Afif.
Ursprünglich kommst du aus Belgien, bist aber Wahl-Berliner, wohnst und arbeitest hier. Wie beeinflusst und inspiriert dich die Stadt? Was bekommst du hier, was dir zuhause fehlte?
Nun ja, Berlin ist riesig, Brüssel ist dagegen klein. Ich würde eher sagen, dass ich mir das Beste aus beiden Welten herausziehe. Berlin ist ein riesiger, bespielbarer Raum und verfügt über eine lebendige Kunstszene. Brüssel ist gemütlicher – es ist meine Heimatstadt mit all meinen alten Freunden und der Familie.
Pictures:
Esprit Nouveau No_9
by Jofroi Amaral & Saâdane Afif
Perdre Haleine
by Jofroi Amaral
Del Campo Bicicletta Gran tourissmo
by Jofroi Amaral & Cédric Bostyn
Zeus
by Jofroi Amaral & Cédric Bostyn
All photo credits : Katharina Kritzler